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Interview mit Magdalena Kessler über mentale Gesundheit

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Schon mit 24 Jahren traf Magdalena Kessler eine wegweisende Entscheidung: Sie stieg in das Familienhotel, das Naturhotel Chesa Valisa, ein. Gemeinsam mit ihrem Bruder David führt sie heute ein Haus, das auf 500 Jahre Geschichte zurückblickt.

Veränderung begleitet die Familie Kessler bereits seit 14 Generationen – doch wie geht man damit um, wenn die Welt immer schneller wird und die Tage oft zu kurz erscheinen?

Wir sprechen mit Magdalena Kessler über Erdbeben und was ein glückliches Leben mit mentaler Gesundheit zu tun hat.

Wieso liegt dir das Thema „Mental Health“ persönlich am Herzen?

Wir verlangen von uns selbst, immer höher, weiter und schneller zu werden. Ich war – und bin teilweise immer noch – genauso. Eigentlich eine klassische Kandidatin für ein Burnout: viele Ideen und zu wenig Zeit. Ratschläge wie „Tritt doch einfach kürzer“ oder „Denk auch an deine Work-Life-Balance“ bekam ich zur Genüge. Doch ich liebe meine Arbeit.

Am Ende einer Wintersaison war mein Akku leer. Und ich dachte: „Hey Magdalena, du solltest diesen Job noch 40 Jahre machen – wie willst du das schaffen?“

Es ging mir also nicht darum, weniger zu tun, sondern darum, meinen Alltag so zu gestalten, dass ich mit Freude und Energie leben kann. Ich bin überzeugt, dass wir nur mit einem gesunden und starken Geist wirklich leistungsfähig sind – und genau das habe ich mir zu meinem persönlichen Projekt gemacht.

Wieso fokussiert sich das Naturhotel Chesa Valisa auf das Thema „Mental Health“?

Wir haben uns schon immer klar positioniert. Auch meine Eltern wussten genau, was sie wollten, und haben ihre Passion zur Vision des Naturhotels gemacht: Eine enkeltaugliche Zukunft mit 100 % Bio und Klimaneutralität. Ayurveda war die logische Ergänzung – denn auch hier geht es um Ganzheitlichkeit.

Wir wollten nie nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein – und so auch jetzt nicht. Die Kombination aus dem tiefen Wissen des Ayurveda und dem Konzept der mentalen Gesundheit fügt sich auf einzigartige Weise zusammen. Ich brenne für diesen Weg, den wir eigentlich schon so lange beschreiten.

Mentale Gesundheit ist heute wichtiger denn je. Warum ist das deiner Meinung nach gerade jetzt so entscheidend?

Karriere, Fitness, Familie, Freunde, Hobbys und vieles mehr – heute soll alles unter einen Hut passen. Psychische Belastungen, Depressionen, Angstzustände und Burnouts sind längst keine Tabuthemen mehr – und das ist auch gut so!

Unsere Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Durch die Digitalisierung sind wir ständig erreichbar – echte Pausen gibt es kaum noch. Und die wenigen Pausen, die wir haben, füllen wir oft selbst mit Stress.

Mein persönliches Hasswort ist tatsächlich „Work-Life-Balance“. Mein Leben beginnt doch nicht erst nach der Arbeit! Vielmehr sollte ich meine Arbeit so gestalten, dass sie mir Freude bereitet. Denn wenn wir ehrlich sind, leben wir in jedem Moment – und die Arbeit ist ein großer Teil davon. Auch die Arbeitszeit sollte uns Kraft geben und nicht auslaugen.

Du hast selbst viele stressige Situationen zu meistern – sei es mit Gästen, Mitarbeitern oder durch andere Herausforderungen im Hotelalltag. Wie gehst du damit um?

Ja, das stimmt. Gerade als Geschäftsführerin gibt es viele Momente, die wirklich herausfordernd sind. Ich habe gelernt, dass Stress nichts ist, das man einfach „entfernen“ kann. Stress ist ein normaler Teil unseres Lebens – entscheidend ist, wie wir damit umgehen.

Ich glaube fest daran, dass wir stark genug werden können, um mit Stress umzugehen, ohne uns von ihm überwältigen zu lassen. Es ist wie bei einem Erdbeben – wenn wir innerlich geerdet sind, verlieren wir auch in schwierigen Momenten nicht den Boden unter den Füßen.

Wie bewältigst du diese „Erdbeben“ und was hilft dir, innere Stärke zu bewahren?

Für mich ist ein strukturierter Tagesablauf, der Energie gibt statt raubt, essenziell. Gemeinsam mit unserem Ayurveda-Arzt Dr. Dinu habe ich herausgefunden, was mir als Vata-Pitta-Typ guttut – und was mich aus dem Gleichgewicht bringt.

Hier tauchen wir etwas in die ayurvedische Lehre ein: Vata und Pitta stehen für die Energie des Winds und des Feuers – eine spannende, aber auch herausfordernde Kombination. Denn wenn beides unkontrolliert aufeinandertrifft, kann es schnell zu einem „Flächenbrand im Akku“ führen. Mich zu erden, ist daher extrem wichtig.

Das beginnt schon morgens: Eine ruhige Morgenroutine mit einer kurzen Meditation, anschließendem Dehnen und einem warmen, basischen Frühstück ist für mich der ideale Start in den Tag. Ich achte auf eine gesunde Ernährung und lasse mich dabei von ayurvedischen Prinzipien leiten. Auch Bewegung – aber kein Hochleistungssport – ist für mich ein wichtiger Ausgleich.

Genau diese achtsamen Rituale bieten wir auch unseren Gästen an: Yoga, Meditation und Waldbaden helfen, wieder Kraft zu schöpfen und den Kopf freizubekommen. Ich plane meinen Tag bewusst und blockiere Zeiten nur für mich selbst – das ist essenziell, um langfristig leistungsfähig zu bleiben.

Wichtig zu wissen: Jeder Dosha-Typ ist anders. Was dem einen Energie gibt, kann den anderen auslaugen. Nur weil Eisbaden gerade im Trend liegt, heißt das nicht, dass es für jeden die richtige Methode ist.

Langanhaltender Stress kann ja auch körperliche Auswirkungen haben. Wie siehst du das?

Absolut – und das ist wissenschaftlich gut belegt. Dauerstress schwächt unser Immunsystem. Nicht ohne Grund werden viele Menschen im Urlaub krank: Der Körper kommt endlich zur Ruhe – und die aufgestaute Erschöpfung wird spürbar.

Um das zu verhindern, ist Selbstfürsorge entscheidend. Dazu gehört auch, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Ich kenne das Gefühl, sich manchmal zu viel aufzubürden – deshalb arbeite ich bewusst daran, innezuhalten und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

In unseren Workshops und Seminaren vermitteln wir unseren Gästen einfache, aber effektive Tipps für den Alltag. Der Schlüssel liegt in der Kontinuität: Kleine, nachhaltige Veränderungen sind oft wirkungsvoller als radikale Maßnahmen.

Du sprichst über Resilienz. Kann man diese Fähigkeit, besser mit Stress umzugehen, tatsächlich lernen?

Ja, davon bin ich überzeugt! Resilienz ist nicht nur angeboren – sie lässt sich aktiv trainieren. Es gibt ganz konkrete Übungen, um diese innere Stärke zu fördern: Achtsamkeit, Atemtechniken und die bewusste Arbeit an Denkmustern helfen dabei, Emotionen zu regulieren und nicht in negativen Gedankenspiralen stecken zu bleiben.

Diese Spiralen überhaupt erst zu erkennen, erfordert Übung. „Positive Mindset“ ist hier das Schlüsselwort – mit der richtigen inneren Haltung können wir vieles meistern. Eine starke Resilienz macht uns widerstandsfähiger und hilft uns, Herausforderungen anzunehmen, ohne uns aus der Balance zu bringen.

Was tun Sie persönlich, um sich immer wieder neu zu erden und aufzuladen?

Alle zwei Jahre gönne ich mir eine Panchakarma-Kur, um tief durchzuatmen, den Körper zu entgiften und wieder bei null anzufangen. Doch auch im Alltag ist es wichtig, regelmäßig aufzutanken.

Meine größte Kraftquelle ist die Natur – draußen zu sein, die Ruhe zu genießen und neue Inspiration zu finden. Manchmal hilft es auch, einfach zu akzeptieren, dass ich nicht immer alles schaffen kann – und dass ich nichts verpasse, wenn ich mir eine bewusste Pause gönne.

Letztlich geht es darum, sich regelmäßig Raum und Zeit für sich selbst zu nehmen – denn nur so können wir langfristig kraftvoll und ausgeglichen bleiben.

Es gibt keine dauerhafte Realität außer der Realität der Veränderung; Beständigkeit ist eine Sinnestäuschung.”

Heraklit, Philosoph.